Spott und Leid der 20er Jahre
Das Konzept der „Verwehten Lieder“ setzt auf das Glück des Lachens als Rehabilitation und Solidarität mit der Kunst und dem Schicksal großer deutscher Künstler. Wir schwelgen in Brechtscher Ganovenromantik, schmunzeln über Tucholskys ironische Exotikträume, lachen über Piefkesche Deutschtümelei und lassen uns von erotisch experimentierfreudigen befreiten Gesellschaftsdamen irritieren. Genießend erkennen wir die Kunst der Spötter an, wir rehabilitieren sie, anstatt uns und ihnen das Lachen zu verbieten, sie noch einmal zu zensieren und von den Verfolgten selbst die Betroffenheit zu erwarten, die wir im Rückblick zu Recht über ihr Schicksal empfinden. Und wir verbinden unsere historische Notwendigkeit mit aktueller Solidarität. Mit dem Bekenntnis zur Freiheit des Gedankens.
Der Spott der 20er Jahre und das Leid der Verfolgung – Mascha Kalékos Großstadtmelancholie und das Exil – Friedrich Hollaenders wilde Zigeunerinnenromantik und Tausende in Konzentrationslagern ermordete Sinti und Roma – dürfen wir lachen im Entsetzen? Ja. Denn es war die geistige Freiheit dieser Autoren im Gewand moderner Kompositionen, die als „entartet“ verboten und verbrannt wurde und für die Deutschland keine Heimat mehr sein wollte. Ein Thema, durch den Anschlag auf „Charlie Hebdo“ leider wieder grausam aktuell.
Zu hören sind Werke von Friedrich Hollaender und Georg Kreisler, Bertolt Brecht, Kurt Weill, Hanns Eisler, Paul Dessau, Else Lasker-Schüler, Mascha Kaléko, Fritz Grünbaum, Marcellus Schiffer und Mischa Spoliansky, Fritz Löhner alias Beda, Kurt Tucholsky, Alfred Grünwald und anderen.
Chansons, Songs, Lieder, Gedichte und Texte von 18 Komponisten und Textern und das Erzählen ihrer Verfolgungsbiographien verweben sich zu einem Abend, in dem der Genuß klugen Humors sich mit der Trauer über Schicksale verschränkt. In seinem Verlauf entdecken wir, daß der scheinbar unbekannte Name für Vertrautes steht, während sich hinter bekannten Namen unbekannte Schicksale verbergen, wir erfahren, daß damals wie heute geistige Freiheit Grund genug für Hass und Verfolgung war, ebenso sehr wie die Zugehörigkeit zur jüdischen Religion oder zur politischen Linken.
Ein Programm, das die vielschichtigen Aspekte auslotet, das intensiv und unterhaltend ist, das das Lachen im Weinen nicht fürchtet, das Spott mitten im Entsetzen verspricht.
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